Rebecca Saunders

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*  19. Dezember 1967

von Tobias Schick

Essay

Klang als zentrale Eigenschaft

Die Bedeutung des konkreten Klangs als zentraler Eigenschaft von Saundersʼ Musik findet sich bereits in Behind the Velvet Curtain (1991/92), der ersten Komposition ihres gültigen Werkverzeichnisses. Wie in einem Brennspiegel zeigt dieses Stück der damals 24jährigen Komponistin Strategien und Techniken der Klangbehandlung, die auch für ihr späteres Œuvre charakteristisch sind. Bereits die Entscheidung für die ungewöhnliche Quartettbesetzung mit Trompete in C, Violoncello, Harfe und Klavier erlaubt es, die einzelnen Instrumente in verschiedener Weise aufeinander zu beziehen und mit Trompete und Cello sowie Harfe und Klavier zwei Paare von ungleichen Doppelgängern zu etablieren. Immer wieder werden scharfe und helle Klangfarben der Trompete und des Violoncellos einander bis fast zur Ununterscheidbarkeit angenähert, wodurch verblüffende Ähnlichkeiten und feinste klangfarbliche Nuancen hörbar werden.

Die Entstehung eines geheimnisvollen Nahbereichs jenseits tradierter idiomatischer Instrumentalfarben wird durch klangliche Verdeckungen und Maskierungen noch verstärkt. In Takt 15 setzt das Cello beinahe unmerklich auf dem dynamischen Höhepunkt der Trompete als dessen auskomponierter Klangschatten ein, bevor der Ton zunächst an Kernigkeit und danach an Lautstärke gewinnt. In Takt 18 werden die Rollen vertauscht: Die Trompete beginnt fast unmerklich auf dem abreißenden Höhepunkt des Cellos zu spielen und führt ...